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Sie gehören zu den frühen Kindheitserinnerungen,
die kleinen Schiffchen aus Papier, die wir schreiend und johlend in
Badewannen und Bächen zu Wasser gelassen haben. Das Vergnügen
war meist kurz, die Enttäuschung groß, die kleinen Schiffe
waren dem schnellen Untergang geweiht.
Jetzt ist auch in diese Domäne der frühkindlichen Faltkunst
der Wettkampfgeist eingezogen. Nunmehr erwachsene Menschen grübeln
über das Prinzip des Archimedes (was viel verdrängt, trägt
auch viel), sie optimieren Formeln und Tabellen, prüfen Dichte,
Gewicht, Beschaffenheit und Struktur der unterschiedlichsten Papiersorten.
Dann greifen sie zu Schere und Kleber, es wird gefaltet, geklebt, geschnitten,
Zugbänder werden gezogen, Papiere für Stützen, Träger
und Spanten über Speichen oder Zeltheringe gerollt. Jedes Gramm
zählt, denn die Wettkampfbedingungen der Papierboot-Weltmeisterschaft
sind hart. 10 Gramm darf ein Schiffchen höchstens wiegen, es soll
vollständig aus Papier gebaut sein und einen Namen haben.
11.04.2003 Wettkampftag
Sie haben schon einiges überstanden.
Lange Transportwege und die kritischen Augen der Jury.
Sie wurden gewogen, gemessen, katalogisiert, fotografiert und schließlich
noch einmal mit Haarspray auf den großen Moment vorbereiten. Nun
liegen sie aufgereiht auf der Pier und warten.
Nautilus, Bismark, Little Titanic liegen neben Bierboot, Beutel WoWe,
Queen Örnchen und Flachmann. Das Publikum ist überwiegen jung
und sportlich, Fotoapparate, Kameras und Computer überwachen den
Wettkampf.
Die Bismark wird aufgerufen und sanft in einem Becken zu Wasser gelassen.
Der Belastungstest beginnt! Kleine Bleikugeln (d= 4mm) gleiten in das
Schiffchen, die Querstützen verhindern, dass die Bismark unter dem
Gewicht zusammenklappt. Noch mehr Bleikugeln füllen den Rumpf,
die Zugbänder spannen sich und halten die Bismark stabil. Das kommt
nicht von ungefähr. Sie hat mit genau 10 Gramm das optimale Kampfgewicht,
die lila Aussenhaut, extrem leicht und wasserdicht, ist Spannpapier
aus dem Flugzeugmodellbau. Spanten und Stützen sind optimal angebracht.
Immer mehr Bleikugeln füllen das Boot, dann reißen die Zugbänder,
die Bismark sinkt. Die Überreste des Schiffes und seine Fracht werden
geborgen. Die Bleikugeln werden geföhnt und anschließend
gewogen. 1976 Gramm, das reicht nicht für eine Medaille, am Ende
aber immer noch für den 10. Platz.
Der Sieger 2003: Wossidlo 2
Gewicht: 10 Gramm, Farbe: Magenta, Tragfähigkeit: 3328 Gramm, Designer:
Klasse 12 des
Wossidlo-Gymnasiums in Waren (Müritz)
Der ostwestfälischen Landbevölkerung mag so ein Wettbewerb
etwas fremdartig erscheinen,
doch spätestens wenn die nächsten Horrorbilder von geborstenen
Ölschiffen auf den Fernsehmonitoren flimmern, wird sie sich erinnern.
10 Gramm Papier tragen 3300 Gramm Blei! Kann man das umsetzen? Werden
die Weltmeere bald sicher sein und alte, rostige, schlecht oder falsch
konstruierte Seelenverkäufer auf Nimmerwiedersehen verschrottet?
Der Diju Bär kann diese Frage leider nicht beantworten, aber vielleicht
das Institut
für Maritime Systeme und Strömungstechnik der Universität
Rostock.
Seit 7 Jahren veranstaltet sie den internationalen Wettbewerb –Das
Papierschiff– und macht so Werbung in eigener Sache. Langsam spricht
es sich herum, Schiffsbau ist nicht nur dreckige Maloche auf abgewickelten
Werften, sondern ein Hauptstudiengang an der Universität Rostock.
Hier werden Schiffe allerdings nicht mehr aus Papier gebaut.
Die Wettbewerb erfreut sich wachsender Beliebtheit. Die Teilnehmerzahl
hält sich zwar noch in Grenzen, steigt aber stetig. 2002 waren
es 60, in diesem Jahr immerhin schon 92 Papierschiffe, deren Tragfähigkeit
unter Beweis gestellt werden sollte. Die Teilnahmebedingungen sind im
Internet hinterlegt.
Es gibt natürlich auch etwas zu gewinnen, u.a. 250,- Euro Preisgeld
für das Papierschiff mit der größten Tragfähigkeit.
Weitere Kategorien:
- Bestes Verhältnis Tragfähigkeit zu Masse
des leeren Schiffes
- Genaueste Vorhersage der Tragfähigkeit
- Beste Konstruktion /Ausführung
- beste Dokumentation
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Bismark
Gewicht: 10 Gramm
Designer: Merten Siegfried
Tragfähigkeit: 1976 Gramm
10. Platz
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Kindertraum
Gewicht: 30 Gramm
Designer: Roland Schwan
Viel zu schwer, für den Hauptwettbewerb nicht zugelassen |
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Beutel
Gewicht: 5,4 Gramm
Designer: Roman Seegert
und Sebastian Nucklies
Tragfähigkeit: 700 Gramm
34. Platz
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Queen Örnchen
Gewicht: 9,6 Gramm
Designer: Felix Knüttel
und Danny Volkmann
Tragfähigkeit: 1529 Gramm
23. Platz |
Eine Auflistung aller Papierboote, Fotos, Wettbewerbsbedingungen
etc. finden
sie unter www.paperboat.de
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